Landgasthof Hoffmann

Eine tolle Reise vom Angelparadies bis zur Belohnung

Die Freizeitformel

„Du hast doch nächste Woche frei, oder?“, fragt mich meine Freundin Vivian. „Ja, wieso?“, antworte ich mit fragendem Unterton. „Und was machen wir dann?“ Mist, ich hätte es ahnen können. Jetzt sind Fingerspitzengefühl und der rich­tige Ton zur richtigen Zeit gefragt. Den Kopf leicht zur Seite geneigt, mit treuseligem Blick und leiser Stimme antworte ich: „Angeln?“ „Ja klar!“, antwortet meine bessere Hälfte. Die Ironie ist unüberhörbar. „Pass auf, was hälst du davon: Wir fahren an den Sorpesee, genießen den Sonnenaufgang mit einer Tasse Kaffee und angeln ein wenig vom Ufer? Und wenn die Fische nicht mitspielen und wir nichts für die Küche fangen, machen wir auf dem Rückweg in einem schönen Landgasthof einen Zwischenstopp zum Mittagessen.“ „Und wenn du doch was fängst? Wir sind schon länger nicht mehr zusammen essen gegangen!“ „Dann geben wir den Fisch einfach in der Küche ab“, antworte ich grinsend. Sie ist noch nicht überzeugt, wie ihr Blick verrät. „Pass auf, wir gehen Angeln inklusive Sonnenaufgang am Sorpesee, anschließend Mittagessen in einem Landgasthof und ein Ausflug in die Arnsberger Altstadt.“ „Einverstanden!“.

Der frühe Vogel fängt den Wurm

Als der Wecker klingelt, habe ich das Gefühl, noch vor den Vögeln aufzustehen. Der Wecker zeigt schmerzvolle 4.15 Uhr. Vorsorglich habe ich meiner Freundin gegenüber gestern Abend nicht erwähnt, wie früh er für unseren Ausflug klingeln würde. Draußen dämmert der Morgen. Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln das grüne Sommergras. Als ich das Fenster öffne, höre ich dann doch das vertraute Zwitschern. Der frühe Vogel fängt den Wurm, denke ich mir. Das gilt heute für beide: die gefiederten Freunde draußen wie auch für mich. Auch wenn mein Ziel heute nicht in der Erde, sondern im Wasser schlummert. Ein Blick nach draußen bestätigt den Wetterbericht von gestern: strahlend blauer Himmel. Eine gute Motivation, die Kaffeemaschine anzuschmeißen.

Kurzurlaub vor der Haustür

Auch wenn wir so früh aufstehen, ist unser Weg nicht weit. Der heutige Tag am Wasser und später in Arnsberg wird ein Kurzurlaub vor der Haustür. Zwischen uns und unserem Ziel liegt nur die A45, die Sauerlandlinie. Der Name der Autobahn ist Programm, denn der Weg führt uns zu den Sauerländer Seen. Nach einer knappen Stunde Autofahrt halten wir am Ufer des Sorpesees in Sundern an. Anglern ist das Gewässer insbe­sondere durch die Renkenbestände bekannt. Diese silbernen Schwarmfische wiederum sind die Beute größerer Raubfische. Hechte, Seeforellen und Zander ziehen mit ihren scharfen Zähnen auf Raubzügen durch den klaren See. Hechte bis weit über einen Meter werden jährlich von Anglern gefangen! Ob wir heute auch Glück haben werden? 

Angeln bei Sonnenaufgang

Die Vorfreude steigt, als ich den Blinker setze und rechts ranfahre. Schnell sind die Angelutensilien aus dem Wagen geholt und es geht zum Wasser. Ich habe eine rund 2,7 Meter lange Spinnrute dabei. Angler sind zwar manchmal im positiven Sinne „Spinner“, aber hier kommt der Name aus dem Englischen von „to spin“, was so viel bedeutet wie „etwas drehen“. Denn beim sogenannten Spinnfischen tut man genau das: Der Köder wird ausgeworfen und mit der Angelrolle, die die Schnur fasst, wieder eingeholt. Dafür dreht man an der Kurbel der Rolle. So imitiert der Angler ein schwimmendes oder flüchtendes Beutetier für die Raub­fische.

Trotz Sommerferienzeit liegt der See heute ruhig und unberührt vor uns. Aber wer ist im Urlaub auch schon so früh auf den Beinen? Langsam schiebt sich die Sonne über die tief grünen Bäume, die das Ufer sowie den Sorpesee mit seinem smaragdgrünen Wasser säumen. Ein toller Anblick, der allein die Fahrt zum See schon lohnenswert macht. Und so vergehen die Stunden am See wie im Flug. Vivian wirft dabei auch ein paar Mal die Angel aus und hat einen guten Riecher für passende Köder. Aus meiner Köderbox wählt sie einen kleinen, silbrigen Gummi­fisch und meint: „Kannst du mir den montieren? Der sieht so ähnlich aus wie die kleinen Fische hier im Uferbereich.“ Ich montiere den Köder und antworte: „Stimmt, der könnte eigentlich gut funktionieren.“ Tatsächlich folgen dem Gummifisch mehrere Barsche. Nur richtig zupacken wollen sie nicht.

Frischer Fisch im Landgasthof
Wir versuchen es noch eine Weile an der Stelle, wo die Barsche dem Köder hinterhergeschwommen sind. Doch leider beißt kein Barsch an, sie haben offenbar keinen Hunger. Dafür wir umso mehr. Die Uhr steht schon auf Mittag und so langsam ist es Zeit, dem See und seinen Fischen vorerst den Rücken zuzukehren und stattdessen in einem Landgasthof einzukehren. Vivian freut sich schon, als wir auf dem Parkplatz des Landgasthofs Hoffmann parken. „Die betreiben ihre eigene Landwirtschaft“, erzählt mir meine Beifahrerin, was sie soeben auf der Internetseite des Landgasthof­betreibers gelesen hat.

 

Wir bekommen einen schönen Platz im Hofgarten. Die kühlen Getränke schmecken hier umso besser. Der Land­gasthof blickt auf eine lange Familiengeschichte zurück, die bis ins 18. Jahrhundert reicht, wie wir erfahren. Wir berichten der Bedienung von unserem erfolglosen Versuch, einen Fisch zu Gesicht zu bekommen. „Wenn ihr heute doch noch frische Fische sehen wollt, kommt doch einfach mit in die Küche!“ Das Angebot nehmen wir gerne an und so können wir dem Chefkoch persönlich über die Schulter schauen. Wir haben beide eine Forelle bestellt. In der Küche erfahren wir, dass die Fische direkt aus der regionalen Teichwirtschaft stammen. Ich frage, ob ich bei mehr Angler­glück auch meinen Fisch direkt in der Küche abgeben kann. „Na klar! Das geht auch!“ Matthias Hoffmann erklärt uns derweil, wie er unseren heutigen „Ersatz-Fang“ zubereitet. Es duftet jedenfalls schon hervorragend. Dass es auch sehr gut schmeckt, davon können wir uns kurz darauf überzeugen.

Und das Beste: Unser Tag endet hier noch nicht, gleich werden wir noch durch Arnsberg bummeln, uns den mittel­alterlichen Stadtkern anschauen und beim Blick von der Burgruine die Landschaft genießen. Dabei werden meine Gedanken sicher zum nächsten Angeltag im Sauerland abschweifen. Denn irgendwann beißt er zu, der große Fisch! Ich freu mich drauf.

Text: Clemens Strehl
Fotografie: Ralf Litera
Video: Jannik Fischbach